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Predigt von P. Dominikus Höfer 
SJM. in der Wiener Minoritenkirche 
 Im Folgenden ist P. Höfers Predigt wiedergegeben, die dem Gedenken des großen Heiligen und Stadtpatrons Wiens gewidmet ist.  | 
  
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    Erst beliebt, dann 
    umstritten, heute vergessen:  
 Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. 
 
    Liebe 
    Christen! 
    Bei 
    der Predigtvorbereitung bin ich auf einen Zeitungsartikel aus der PRESSE vom 
    11. Jänner dieses Jahres gestoßen. Die Artikelschreiberin beginnt mit 
    folgender Begebenheit: „Bei einem Anruf im Büro des Wiener Kulturstadtrats 
    ist die Antwort auf die Frage, was denn im Jubiläumsjahr von Klemens Maria 
    Hofbauer so geplant sei, eine Gegenfrage: Hofbauer – wer? 
    Das 
    sei aber nicht weiter schlimm. Denn so gehe es vermutlich vielen Wienern, 
    die nicht wüssten, dass die Stadt neben dem heiligen Leopold noch einen 
    Patron hat, dessen Ernennung sich heuer zum hundertsten Mal jährt.“ 
    Die 
    Geschichte des hl. Klemens begann 1751. Und mit einem anderen Namen: Johann 
    Hofbauer war Sohn eines Fleischhauers aus Südmähren, der Bäcker lernte. Erst 
    als Eremit nahm er den Namen Klemens Maria an, bevor er dann sein 
    Theologiestudium in Wien absolvierte. 1785 trat er dem italienischen Redemptoristenorden, dessen Schwerpunkt auf Volksmission, Seelsorge und 
    Armenfürsorge liegt, bei. Rasch wurde er zum Generalvikar aller transalpinen 
    Niederlassungen ernannt. Ab 1788 predigte er in Warschau, gründete Schulen 
    und Waisenheime, Klöster in Süddeutschland und der Schweiz. Erst nach den 
    Wirren der napoleonischen Kriege kehrte er als 57-Jähriger nach Wien zurück. 
    Hier 
    machte er rasch Karriere, war Pfarrer hier in der Minoritenkirche, der 
    italienischen Nationalkirche, dann Rektor der Klosterkirche St. Ursula. 
    Rupert Klieber, katholischer Kirchenhistoriker der Uni Wien, sagt: „Hofbauer 
    hat Anfang des 19. Jahrhunderts ein religiöses Revival bewirkt. Damals war 
    das kirchliche Leben sehr nüchtern. Kaiser Joseph II. hatte die 
    Barockfrömmigkeit verbannt, in der Stadt noch mehr als auf dem Land. 
    Hofbauer hat diese wiederbelebt. Mit seiner Begeisterungsfähigkeit hat er 
    Menschen wieder für den katholischen Glauben gewonnen.“ 
    In 
    einer Zeit, in der Volksfrömmigkeit, Wallfahrten, Heiligenverehrung und 
    Rituale stark eingeschränkt wurden, Orchestermessen verboten, ja, sogar die 
    Kerzenanzahl in der Kirche limitiert war, hielt Hofbauer traditionelle 
    Messen ab. „Seine Gottesdienste waren immer voll“ – und das, obwohl damals 
    nur zwei Prozent der Wiener in die Kirche gingen. 
    Hofbauer 
    bot in seinen Messen Blumen, Weihrauch und Werke von Mozart auf. Die barocke 
    Pracht gefiel den Wienern. Hofbauer konnte gut predigen – und bekehrte auch 
    Prominente. Er war, wie Biograf Otto Weiß sagt, zwar kein großer Gelehrter, 
    aber pfiffig. 
    Hofbauer 
    war aber auch sozial tätig. Fast täglich trug er Brot und Suppe zu den Armen 
    in die Vorstädte. Als in Warschau einmal das Essen für seine 
    Schutzbefohlenen ausging, klopfte er ans Tabernakel:  
    „Herr, hilf, es ist 
    Zeit!“ 
    Klemens 
    fasste seine Einsichten in dem Satz zusammen: "Das Evangelium muss neu 
    verkündet werden"; er meinte damit sowohl eine erneute Verkündigung wie auch 
    eine neue Weise der Verkündigung.  
    Klemens 
    geht nicht allein ans Werk. Er sucht Mitarbeiter und beschreitet neue Wege 
    der Zusammenarbeit. 
    Über 
    den letzten Lebensabschnitt des hl. Klemens, die Zeit zwischen seiner 
    Vertreibung aus Warschau (1808) und seinem Tod (1820) in Wien, sind 
    verhältnismäßig wenig historische Dokumente erhalten. Klemens wurde in 
    dieser Zeit ständig von der Polizei Metternichs bespitzelt. Kontakte 
    außerhalb Österreichs waren ihm untersagt. So musste er Schriftstücke, die 
    der Polizei verdächtig sein konnten, vernichten. Wahrscheinlich gab es aber 
    auch nicht viel Aufregendes und Außergewöhnliches aus dieser Zeit zu 
    dokumentieren, obwohl dieser Lebensabschnitt die fruchtbarste Zeit seines 
    Wirkens geworden ist. 
    Vermutlich 
    durch die Vermittlung eines alten Freundes findet Hofbauer eine Anstellung 
    als Aushilfspriester hier an der Minoritenkirche, der Wiener Nationalkirche 
    der Italiener. Außer Beichte hören konnte er, der einst die ganze Welt 
    bekehren wollte, nicht viel tun. Hier lebt er von 1809 bis 1813. Nach über 
    20 Jahren unermüdlicher Aktivität waren ihm plötzlich die Hände gebunden. 
    Manches deutet darauf hin, dass diese Zeit für Klemens eine dunkle Zeit war, 
    in der er selbst den äußeren Zusammenbruch innerlich annehmen lernen musste. 
    Diese vermutlich dunklen Jahre dürften in ihm jedoch eine innere Wandlung 
    bewirkt haben. Sein Lebens- und Arbeitsstil hat sich in dieser Zeit 
    grundlegend geändert. 
    Hofbauer, 
    der zuvor so viel gereist ist, verlässt Wien nicht mehr. Er organisiert 
    nichts mehr, baut nichts mehr auf. Er, der früher so oft für handfesten 
    Wirbel gesorgt hatte, beginnt in der Stille, beinahe im Verborgenen zu 
    wirken. 
    1813 
    wird er zum Schwesternseelsorger "befördert"; er nimmt die Stellung eines 
    Beichtvaters und Kirchenrektors bei den Ursulinen an. Klemens beschränkt 
    sich natürlich nicht auf die Seelsorge an den Schwestern. 
    
    "Hofbauer 
    wurde Seelenführer und Lebensberater von Menschen aus allen Berufs- und 
    Gesellschaftsschichten. Zu seinen Beichtkindern gehörten Adlige und Beamte, 
    Gelehrte und Künstler, Bischöfe und Universitätsprofessoren, Reiche und 
    Arme." (Heinzmann 161). 
    Hofbauer 
    geht aber auch zu den Armen. "Besonders die Vorstädte waren die Armenviertel 
    Wiens. Fast täglich ging Hofbauer zu Fuß in diese Elendsquartiere. Unter 
    seinem breiten Mantel trug er Lebensmittel und Kleider, die für seine 
    Stammkunden bestimmt waren. ... Gerade im Kreis seiner Beichtkinder und 
    Freunde organisierte er den stillen Widerstand gegen Armut und Elend. Er 
    selbst war nur einer unter vielen anderen Helfern." (Heinzmann 165). 
    Entgegen 
    allen Vorschriften wurde das ihm anvertraute Kirchlein zu einem 
    seelsorglichen Zentrum. Klemens setzte sich über das Predigtverbot und die 
    Gottesdienstordnung des josephinischen Staates hinweg und hielt feierliche 
    Gottesdienste und eine Vielzahl von Predigten. Obwohl er einen sehr 
    einfachen Predigtstil übte, war der Zulauf übergroß. Menschen aller 
    Gesellschaftsschichten kamen nach St. Ursula, um ihn zu hören. 
    Bemerkenswert 
    ist auch, was sich in seiner kleinen Wohnung abspielte. Sie stand 
    Jugendlichen und Armen stets offen. Sie wurde zu einem Treffpunkt vor allem 
    der Universitätsstudenten. Die jungen Leute freuten sich einfach, bei ihm 
    sein zu können. Die Anziehungskraft ging von seiner Persönlichkeit aus, 
    weniger von dem, was er sagte. Seine Seelsorgsmethode war offenbar einfache 
    herzliche Gastfreundschaft. 
    Es 
    wird wohl für immer ein wenig rätselhaft bleiben, dass die Persönlichkeit 
    Hofbauers auch auf die Wiener Romantiker, einen Kreis bekannter Dichter, 
    Künstler und Wissenschaftler, eine so große Ausstrahlung ausübte. Obwohl er 
    selbst weder Literat noch Künstler und schon gar nicht Wissenschaftler war, 
    wurde er zum Herzen dieses Kreises. Hofbauer dürfte jene natürliche, tief in 
    der Persönlichkeit verwurzelte Religiosität verkörpert haben, weiche die 
    Romantiker nach einer langen Zeit des Rationalismus idealisiert und gesucht 
    haben. 
    Am 
    Ende seines Lebens passiert viel Eigenartiges. Eine ganze Stadt scheint 
    wieder gut machen zu wollen, was man ihm so lange Zeit vorenthalten und 
    angetan hat: In seinem letzten Lebensjahr gelingt ihm, worum er so viele 
    Jahre gerungen hat. Auf persönliche Intervention des Kaisers wird den 
    Redemptoristen in Wien die Kirche Maria am Gestade übergeben und eine 
    Niederlassung gestattet. Bevor jedoch das Zulassungsverfahren abgeschlossen 
    ist, stirbt Klemens am 15. März 1920. Sein Begräbnis wird, obwohl von 
    niemandem organisiert und vorbereitet - der einzige in Wien weilende 
    Mitbruder Martin Stark liegt krank im Bett - zu einer großartigen 
    Anerkennung seines Wirkens in Wien. Ohne vorherige Einladung strömen 
    tausende Menschen aus der ganzen Stadt zusammen, um Klemens Hofbauer den 
    Abschied zu bereiten.  1882 erfolgte Hofbauers Selig-, 1909 seine Heiligsprechung. Das erste Ansuchen, ihn zum Wiener Stadtpatron zu erheben, wurde von der Ritenkongregation 1913 abgelehnt. Erst im zweiten Anlauf klappte es: Am 14. Jänner 1914 wurde Hofbauer Stadtpatron Wiens. Allerdings nur zum zweiten. 
 Was können wir für unseren Weg der Suche aus diesem letzten Lebensabschnitt des hl. Klemens herauslesen? 
    Die Erneuerung, die 
    Klemens mit seiner ganzen Lebenskraft angestrebt hat, kommt erst zum Tragen, 
    wo sie die Menschen in der Tiefe ihres Herzens erfasst hat und von dort her 
    in den Menschen aufbricht. Klemens selbst musste "verwandelt" werden, bevor 
    sein Erneuerungswerk auf andere übergreifen konnte. Erneuerung ist ein Lebensprozess, der aus der eigenen Tiefe aufbricht; der gewollt werden aber nicht gemacht werden kann. Unser Weg der Suche ist zwar ein Weg, den wir gemeinsam gehen, ein gemeinsames Suchen, ein Miteinander-Teilen... Zugleich aber wird diese Erneuerung nur gelingen, wenn sie aus der Tiefe unseres Herzens durch Gottes Gnade aufbricht und wenn wir selbst neue Menschen werden. Darum wollen wir Gott den Herrn auf die Fürsprache des hl. Klemens bitten. 
 Amen. Lesung zum Klemensjahr 2014  |